Das Archiv mit der schönsten Aussicht: Propaganda Fide, Rom

Petersburg_Gianicolo
Der Petersdom von der Terrasse des Archivs fotografiert (©Helge Wendt)

Den schönsten Blick auf den Petersdom hat man vom Gianicolo. Auf dem Janushügel liegt auch das Archiv der Propaganda Fide, ein Ableger der Vatikanischen Archive. Hier habe ich einige Wochen lang für meine Doktorarbeit geforscht, denn im Archiv befinden sich die Berichte der katholischen Missionare and die Kongregation. Die Missionare wurden einst von der Kongregation ausgesendet, arbeiteten dann in den verschiedenen Weltgegenden, in denen es keine richtige Kirchenstrukturen gab und wo die „Heiden“ zum Katholizismus bekehrt werden sollten. Von dort aus schickten sie ihre Berichte zurück nach Rom. Natürlich sind die Berichte nicht immer Tatsachenberichte. Sie sind selbst schon durch die Mühlen der Missionsorganisation gegangen. Sie wurden auch in der Propaganda selbst bearbeitet, bevor sie dann abgeheftet wurden.

Spannend ist das Archiv aber trotzdem: der Bestand ist äußerst vielfältig. Zum Beispiel zeigen sich die unterschiedlichen Meinungen von Missionaren darüber, ob die „jungen“ katholischen Gemeinden vielleicht eigenständig werden könnten. Eine andere Frage war, ob in den Missionen vielleicht „Einheimische“ zu Bischöfen geweiht werden könnten.

Und natürlich finden sich im entstehenden Weltkatholizismus des 18. und 19. Jahrhunderts bereits die Spannungen, die auch heute noch in der römischen Kirche diskutiert werden: welche Stellung haben Nichtkatholiken? Welche Familienstrukturen sind erlaubt oder werden geduldet? Wie lässt sich kulturelle Vielfalt religiös einheitlich interpretieren?

Nicht nur wegen der Aussicht also, ist das Archiv der Propaganda Fide auf dem Gianicolo eine tolle Erfahrung gewesen.

Die Ergebnisse meiner Forschung habe ich im Buch Die missionarische Gesellschaft veröffentlicht.