Nachdem in Kuba die Rauchschwaden der Revolution sich gelegt hatten und die Regierung unter Fidel Castro auch die Wissenschaftsakademie zu Havanna umgekrempelt hatte, schlossen 1963 die Ost-Berliner Deutsche Akademie der Wissenschaften (DAW) und die Academía de Ciencia de Cuba ein Kooperationsabkommen.
Aus dem Archiv der Berlin-Brandenburgischen Akademie (Berlin) konnte ich ein wenig die Geschichte rekonstruieren, in welcher Art und mit welchen Themen sich die DAW in Kuba engagierte. Das Engagement wurde damals so verstanden, dass eine Art Entwicklungshilfe für die kubanische Wissenschaft betrieben wurde. Diese sollte und konnte jedoch nicht uneigennützig sein. Denn erstens war das Engagement für die DAW und das Wissenschaftsministerium der DDR sehr kostspielig und zweitens waren die eigenen Mittel äußerst begrenzt.
Zu Beginn wurden deswegen sieben Felder definiert, auf denen die DAW eigene Forschung in Kuba aufbauen wollte:
1. Einrichtung einer seismischen Station durch das Institut für Bodendynamik der Erdbebenforschung in Jena
2. Für den Fall der Einrichtung eines Tropenforschungsinstituts der DDR Aufnahme einer marinebiologischen Arbeits- und Forschungseinrichtung
3. Informationsaustausch und Sammlung von Erfahrungen über die tropen-medizinische Situation in Kuba. …
4. Bearbeitung von Fragen des Landschaftshaushaltes, des Ablaufs morphologischer Prozesse und anderer grundsätzlicher Fragen, die z.T. in das Gebiet der ökonomischen Geographie reichen …
5. Zusammenarbeit auf botanischem und zoologischem Gebiet…
6. Hilfe bei der Erarbeitung einer kubanischen Kulturgeschichte…
7. Korrosions- und Klimaprüfungen an Erzeugnissen und Werkstoffen der DDR
Letztendlich konnte die DAW die Aufgabe nicht alleine stemmen und holte sich mit der Akademie für Landwirtschaft der DDR noch einen weiteren Partner mit an Bord – schließlich war das Thema der Tropenlandwirtschaft und der Beständigkeit von in der DDR gebauten Landwirtschaftsmaschinen im tropischen Klima auch wirtschaftlich wichtig.
Leiter der Einrichtung, die kurz „Tropenforschungsinstitut“ hieß, offiziell aber den Namen Alexander von Humboldt trug, wurde der Chemiker Horst Sinnecker, der ein Spezialist auf dem Feld von Nickel und Laterit war. Nickel war in der DDR Mangelware, auf Kuba aber in großen Mengen vorhanden – auch bei der Berufung Sinneckers waren also wirtschaftliche Gründe ausschlaggebend.
Das Institut wurde nie umfassend eingerichtet. Vor allem aus Kostengründen, blieben Posten unbesetzt, die Labore wurden nur teilweise bestückt und einige der Forschungsprojekte nie bearbeitet. Einige Themen flossen in die multilateralen Forschungskooperationen innerhalb des Rats für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW, Comecon) ein. Ende der 1970er Jahre konzentrierten sich die Kooperationen dann auf den kubanischen Versuchsreaktor von Juraguá sowie einige geophysische Projekte.
Die vollständige Untersuchung habe ich veröffentlicht in:
Scientific Cooperation Between the German Academy of Sciences in Berlin (DAW) and Cuba in the 1960s and 1970s, in: A. Baracca, J. Renn und H. Wendt (Hgg.), History of Physics in Cuba, Boston: Springer 2014, 387–393.